Schaffung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Notstandsgesetze. Unterscheidung zwischen Verteidigungsfall, der militärischen Spannungszeit, dem Inneren Notstand und dem Katastrophennotstand. Der Verteidigungsfall wird auf Antrag der Bundesregierung vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates festgestellt. Bei Handlungsunfähigkeit des Bundestages übernimmt die Feststellung ein Gemeinsamer Ausschuss, der sich aus Mitgliedern des Bundestages (2/3) und des Bundesrates (1/3) zusammensetzt. Weitere Regelungen betreffen das Abstimmungsquorum und den Fall, dass ein Angriff erfolgt und auch der Gemeinsame Ausschuss am sofortigen Handeln verhindert ist. Während des Verteidigungsfalles ist das Gesetzgebungsverfahren in Bundestag und Bundesrat vereinfacht, Einspruchs- und Vermittlungsverfahren entfallen. Bei Verhinderung oder Beschlussunfähigkeit des Bundestages übernimmt der Gemeinsame Ausschuss als Ersatzparlament die Aufgaben von Bundestag und Bundesrat. Im Verteidigungsfall erweitern sich die Befugnisse des Bundesgesetzgebers auch auf Sachgebiete, die sonst zur Gesetzgebungszuständigkeit der Länder gehören. Während des Verteidigungsfalles ablaufende Wahlperioden enden erst sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles, die Auflösung des Bundestages ist ausgeschlossen. Der Verteidigungsfall endet durch Beschlüsse des Bundestages mit Zustimmung des Bundesrates. Für die militärische Spannungszeit ist eine Mitwirkung des Bundestages für Maßnahmen zur Herstellung der erhöhten Verteidigungsbereitschaft vorgesehen. Zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes kann das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 GG beschränkt werden, ohne dass dies dem Betroffenen mitgeteilt zu werden braucht. An die Stelle des Rechtsweges kann die Nachprüfung durch solche Organe treten, die von der Volksvertretung bestellt werden. Alle diese Beschränkungen können grundsätzlich nur aufgrund eines Gesetzes angeordnet werden. Die Notstandsverfassung fixiert in einem neuen Absatz 4 des Art. 20 GG das Recht jedes deutschen Staatsbürgers, gegen jeden Widerstand zu leisten, der es unternimmt, die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, vorausgesetzt, dass andere Abhilfe nicht möglich ist. -- Menzenbach et al., Änderungen des Grundgesetzes seit 1949 (WD 3 - 380/09), 2009 Signed-off-by: Heinrich Lübke, Bundespräsident Signed-off-by: Georg Kiesinger, Bundeskanzler Signed-off-by: Ernst Benda, Bundesminister des Inneren Signed-off-by: Dr. Gustav Heinemann, Bundesminister der Justiz Signed-off-by: Hans Katzer, Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Signed-off-by: Gerhard Schröder, Bundesminister der Verteidigung Signed-off-by: Carlo Schmid, Bundesminister für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder Source: BGBl. I, p. 709 Passed: 1968-05-30 Date: 1968-06-24 Announced: 1968-06-27 Effective-since: 1968-06-28 Election-period: 5 Votes-yes: 384 Votes-no: 100 Votes-abstentions: 1 Initiative-of: Regierungsvorlage
829 B
Artikel 115l
(1) Der Bundestag kann jederzeit mit Zustimmung des Bundesrates Gesetze des Gemeinsamen Ausschusses aufheben. Der Bundesrat kann verlangen, daß der Bundestag hierüber beschließt. Sonstige zur Abwehr der Gefahr getroffene Maßnahmen des Gemeinsamen Ausschusses oder der Bundesregierung sind aufzuheben, wenn der Bundestag und der Bundesrat es beschließen. (2) Der Bundestag kann mit Zustimmung des Bundesrates jederzeit durch einen vom Bundespräsidenten zu verkündenden Beschluß den Verteidigungsfall für beendet erklären. Der Bundesrat kann verlangen, daß der Bundestag hierüber beschließt. Der Verteidigungsfall ist unverzüglich für beendet zu erklären, wenn die Voraussetzungen für seine Feststellung nicht mehr gegeben sind. (3) Über den Friedensschluß wird durch Bundesgesetz entschieden.