Grundgesetz/023.md
Horst Köhler, Bundespräsident 08f00cb479 Gesetz zur Änderung des Grundgesetz (Artikel 23, 45 und 93)
Anpassungen des Grundgesetzes an die Regelungen des Gesetzes über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union; Ergänzung Art. 23 GG: Verankerung des Rechts des Bundestages und des Bundesrates auf Erhebung der sog. Subsidiaritätsklage im Grundgesetz, Einführung einer Pflicht des Bundestages zur Erhebung einer Subsidiaritätsklage bei Antrag eines Viertels seiner Mitglieder, Zulassung von Modifizierungen des Mehrheitsprinzips für die Beschlussfassungen von Bundestag und Bundesrat über die Wahrnehmung der ihnen in den vertraglichen Grundlagen der EU eingeräumten Rechte durch Gesetz; Ergänzung Art. 45 GG: Ermächtigung des Ausschusses für die Angelegenheiten der EU zur Wahrnehmung der Rechte des Bundestages gegenüber der EU; Änderung Art. 93 GG: Anpassung des für Normenkontrollanträge aus der Mitte des Bundestages vor dem Bundesverfassungsgericht maßgebenden Quorums an das für die Erhebung der Subsidiaritätsklage vor dem Europäischen Gerichtshof vorgesehene Quorum eines Viertels der Mitglieder des Bundestages
-- Menzenbach et al., Änderungen des Grundgesetzes seit 1949 (WD 3 - 380/09), 2009

Signed-off-by: Horst Köhler, Bundespräsident
Signed-off-by: Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin
Signed-off-by: Wolfgang Schäuble, Bundesminister des Innern
Signed-off-by: Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz

Source: BGBl. I, p. 1926
Date: 2008-10-08
Passed: 2009-04-24
Announced: 2008-10-16
Effective-since: 2009-12-01
Election-period: 16
Votes-yes: 519
Votes-no: 8
Votes-abstentions: 49
Initiative-of: CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen
2008-10-07 23:00:00 +01:00

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## Artikel 23
(1) Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist und einen diesem Grundgesetz im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet. Der Bund kann hierzu durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates Hoheitsrechte übertragen. Für die Begründung der Europäischen Union sowie für Änderungen ihrer vertraglichen Grundlagen und vergleichbare Regelungen, durch die dieses Grundgesetz seinem Inhalt nach geändert oder ergänzt wird oder solche Änderungen oder Ergänzungen ermöglicht werden, gilt [Artikel 79 Abs. 2 und 3](#artikel-79).
(1a) Der Bundestag und der Bundesrat haben das Recht, wegen Verstoßes eines Gesetzgebungsakts der Europäischen Union gegen das Subsidiaritätsprinzip vor dem Gerichtshof der Europäischen Union Klage zu erheben. Der Bundestag ist hierzu auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder verpflichtet. Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können für die Wahrnehmung der Rechte, die dem Bundestag und dem Bundesrat in den vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union eingeräumt sind, Ausnahmen von [Artikel 42 Abs. 2 Satz 1](#artikel-42) und [Artikel 52 Abs. 3 Satz 1](#artikel-52) zugelassen werden.
(2) In Angelegenheiten der Europäischen Union wirken der Bundestag und durch den Bundesrat die Länder mit. Die Bundesregierung hat den Bundestag und den Bundesrat umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu unterrichten.
(3) Die Bundesregierung gibt dem Bundestag Gelegenheit zur Stellungnahme vor ihrer Mitwirkung an Rechtsetzungsakten der Europäischen Union. Die Bundesregierung berücksichtigt die Stellungnahmen des Bundestages bei den Verhandlungen. Das Nähere regelt ein Gesetz.
(4) Der Bundesrat ist an der Willensbildung des Bundes zu beteiligen, soweit er an einer entsprechenden innerstaatlichen Maßnahme mitzuwirken hätte oder soweit die Länder innerstaatlich zuständig wären.
(5) Soweit in einem Bereich ausschließlicher Zuständigkeiten des Bundes Interessen der Länder berührt sind oder soweit im übrigen der Bund das Recht zur Gesetzgebung hat, berücksichtigt die Bundesregierung die Stellungnahme des Bundesrates. Wenn im Schwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse der Länder, die Einrichtung ihrer Behörden oder ihre Verwaltungsverfahren betroffen sind, ist bei der Willensbildung des Bundes insoweit die Auffassung des Bundesrates maßgeblich zu berücksichtigen; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren. In Angelegenheiten, die zu Ausgabenerhöhungen oder Einnahmeminderungen für den Bund führen können, ist die Zustimmung der Bundesregierung erforderlich.
(6) Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder auf den Gebieten der schulischen Bildung, der Kultur oder des Rundfunks betroffen sind, wird die Wahrnehmung der Rechte, die der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union zustehen, vom Bund auf einen vom Bundesrat benannten Vertreter der Länder übertragen. Die Wahrnehmung der Rechte erfolgt unter Beteiligung und in Abstimmung mit der Bundesregierung; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren.
(7) Das Nähere zu den Absätzen 4 bis 6 regelt ein Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.