Grundgesetz/012a.md
Heinrich Lübke, Bundespräsident 208d24ffd8 Siebzehntes Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes
Schaffung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Notstandsgesetze. Unterscheidung zwischen Verteidigungsfall, der militärischen Spannungszeit, dem Inneren Notstand und dem Katastrophennotstand. Der Verteidigungsfall wird auf Antrag der Bundesregierung vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates festgestellt. Bei Handlungsunfähigkeit des Bundestages übernimmt die Feststellung ein Gemeinsamer Ausschuss, der sich aus Mitgliedern des Bundestages (2/3) und des Bundesrates (1/3) zusammensetzt. Weitere Regelungen betreffen das Abstimmungsquorum und den Fall, dass ein Angriff erfolgt und auch der Gemeinsame Ausschuss am sofortigen Handeln verhindert ist. Während des Verteidigungsfalles ist das Gesetzgebungsverfahren in Bundestag und Bundesrat vereinfacht, Einspruchs- und Vermittlungsverfahren entfallen. Bei Verhinderung oder Beschlussunfähigkeit des Bundestages übernimmt der Gemeinsame Ausschuss als Ersatzparlament die Aufgaben von Bundestag und Bundesrat. Im Verteidigungsfall erweitern sich die Befugnisse des Bundesgesetzgebers auch auf Sachgebiete, die sonst zur Gesetzgebungszuständigkeit der Länder gehören. Während des Verteidigungsfalles ablaufende Wahlperioden enden erst sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles, die Auflösung des Bundestages ist ausgeschlossen. Der Verteidigungsfall endet durch Beschlüsse des Bundestages mit Zustimmung des Bundesrates. Für die militärische Spannungszeit ist eine Mitwirkung des Bundestages für Maßnahmen zur Herstellung der erhöhten Verteidigungsbereitschaft vorgesehen. Zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes kann das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 GG beschränkt werden, ohne dass dies dem Betroffenen mitgeteilt zu werden braucht. An die Stelle des Rechtsweges kann die Nachprüfung durch solche Organe treten, die von der Volksvertretung bestellt werden. Alle diese Beschränkungen können grundsätzlich nur aufgrund eines Gesetzes angeordnet werden. Die Notstandsverfassung fixiert in einem neuen Absatz 4 des Art. 20 GG das Recht jedes deutschen Staatsbürgers, gegen jeden Widerstand zu leisten, der es unternimmt, die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, vorausgesetzt, dass andere Abhilfe nicht möglich ist.
-- Menzenbach et al., Änderungen des Grundgesetzes seit 1949 (WD 3 - 380/09), 2009

Signed-off-by: Heinrich Lübke, Bundespräsident
Signed-off-by: Georg Kiesinger, Bundeskanzler
Signed-off-by: Ernst Benda, Bundesminister des Inneren
Signed-off-by: Dr. Gustav Heinemann, Bundesminister der Justiz
Signed-off-by: Hans Katzer, Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung
Signed-off-by: Gerhard Schröder, Bundesminister der Verteidigung
Signed-off-by: Carlo Schmid, Bundesminister für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder
Source: BGBl. I, p. 709
Passed: 1968-05-30
Date: 1968-06-24
Announced: 1968-06-27
Effective-since: 1968-06-28
Election-period: 5
Votes-yes: 384
Votes-no: 100
Votes-abstentions: 1
Initiative-of: Regierungsvorlage
1970-01-01 01:00:01 +01:00

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Artikel 12a

(1) Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden. (2) Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, kann zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden. Die Dauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des Wehrdienstes nicht übersteigen. Das Nähere regelt ein Gesetz, das die Freiheit der Gewissensentscheidung nicht beeinträchtigen darf und auch eine Möglichkeit des Ersatzdienstes vorsehen muß, die in keinem Zusammenhang mit den Verbänden der Streitkräfte und des Bundesgrenzschutzes steht. (3) Wehrpflichtige, die nicht zu einem Dienst nach Absatz 1 oder 2 herangezogen sind, können im Verteidigungsfalle durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu zivilen Dienstleistungen für Zwecke der Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung in Arbeitsverhältnisse verpflichtet werden; Verpflichtungen in öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse sind nur zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben oder solcher hoheitlichen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, die nur in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis erfüllt werden können, zulässig. Arbeitsverhältnisse nach Satz 1 können bei den Streitkräften, im Bereich ihrer Versorgung sowie bei der öffentlichen Verwaltung begründet werden; Verpflichtungen in Arbeitsverhältnisse im Bereiche der Versorgung der Zivilbevölkerung sind nur zulässig, um ihren lebensnotwendigen Bedarf zu decken oder ihren Schutz sicherzustellen. (4) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienstleistungen im zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in der ortsfesten militärischen Lazarettorganisation nicht auf freiwilliger Grundlage gedeckt werden, so können Frauen vom vollendeten achtzehnten bis zum vollendeten fünfundfünfzigsten Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen herangezogen werden. Sie dürfen auf keinen Fall Dienst mit der Waffe leisten. (5) Für die Zeit vor dem Verteidigungsfalle können Verpflichtungen nach Absatz 3 nur nach Maßgabe des Artikels 80a Abs. 1 begründet werden. Zur Vorbereitung auf Dienstleistungen nach Absatz 3, für die besondere Kenntnisse oder Fertigkeiten erforderlich sind, kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen zur Pflicht gemacht werden. Satz 1 findet insoweit keine Anwendung. (6) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an Arbeitskräften für die in Absatz 3 Satz 2 genannten Bereiche auf freiwilliger Grundlage nicht gedeckt werden, so kann zur Sicherung dieses Bedarfs die Freiheit der Deutschen, die Ausübung eines Berufs oder den Arbeitsplatz aufzugeben, durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden. Vor Eintritt des Verteidigungsfalles gilt Absatz 5 Satz 1 entsprechend.